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Schwerer Verkehrsunfall auf der BAB A3 bei Rohrbrunn (Kreis Aschaffenburg)

Kategorie: Nationales Feuerwehrteam des Jahres

Name der Feuerwehr: Freiwillige Feuerwehren Waldaschaff & Weibersbrunn (Bayern)

Name des Einsatzes: Unfall mit mehreren LKWs

Am Donnerstag, 09.11.2017 ereignete sich auf der BAB A3 bei Rohrbrunn ein folgenschwerer Verkehrsunfall mit insgesamt fünf beteiligten Lkw. Bei dem Unfall wurden drei Menschen getötet und zwei weitere verletzt. Bei dem Einsatz hat sich zum wiederholten Mal die Zusammenarbeit verschiedener Landkreiswehren, insbesondere aus Weibersbrunn und Waldaschaff bewährt. Die Feuerwehren aus Weibersbrunn und Waldaschaff, welche beide an die BAB angrenzen und in direkter Nachbarschaft liegen stimmen sich regelmäßig in Sachen Alarmierungsplanung und dem taktischen Einsatzablauf ab 

Ein mit zwei Personen besetzter Gliederzug eines Paketunternehmens war in Fahrtrichtung Nürnberg unterwegs. Auf Höhe der Unfallstelle erkannte der Fahrer einen vor ihm abbremsenden Klein-Lkw mit Pritschenaufbau zu spät und versuchte noch nach links auszuweichen. Er kollidierte mit dem vorausfahrenden Pritschen-Lkw, kam anschließend nach links ab, überfuhr die wegen der Baustelle eingerichtete Mittelabtrennung und geriet frontal gegen einen in Fahrtrichtung Frankfurt fahrenden, mit Kies beladenen Sattelzug. Dieser geriet durch die Kollision ins Schleudern, drehte sich einmal komplett um den Paket-Lkw, kippte nach links um und kam quer zur Fahrbahn zum Liegen. Das Führerhaus des Kies-Lkw ragte dabei über einen Abhang.

Durch die Wucht des Aufpralls wurden die Wechselbrücke vom Zugfahrzeug des Paket-Lkw und der unbeladene Wechselanhänger abgerissen, Teile der Ladung stürzten die Böschung hinunter. Einem dem Sattelkipper nachfolgenden Sattelzug gelang es nicht mehr zu bremsen und fuhr gleichfalls noch auf den Paket-Lkw auf. Ferner wurde noch ein in Richtung Würzburg fahrender Sattelzug bei dem Unfallgeschehen beschädigt.

Gemäß Alarmierungsplanung wurden die Feuerwehren Weibersbrunn, Waldaschaff und Bessenbach, sowie Kreisbrandinspektor Otto Hofmann (Waldaschaff) und Kreisbrandrat Karl-Heinz Ostheimer (Großostheim) um 04.24 Uhr von der ILS Bayerischer Untermain mit dem Einsatzstichwort „THL5“ und dem Schlagwort „#T3112#VU#mehrere LKW mit eingeklemmten Personen“ auf die Bundesautobahn A3 bei Km 237 in Fahrtrichtung Würzburg auf Höhe der Autobahnrastanlage Spessart alarmiert. Zu dem Zeitpunkt herrschte nasskaltes Wetter bei Temperaturen um fünf Grad.

Aufgrund des gemeldeten Rückstaus mit fehlender Rettungsgasse hervorgerufen durch die Baustelle entschlossen sich die anrückenden Feuerwehrkräfte, über einen Waldweg parallel zur Autobahn zur Rastanlage Spessart zu fahren. Da nach der Erstmeldung die Einsatzstelle in Fahrtrichtung Würzburg war, fuhren die ersten Fahrzeuge der Feuerwehren Weibersbrunn und Waldaschaff sowie KBI Hofmann über die Zufahrt zur Rastanlage Spessart-Süd auf die Autobahn auf und schafften sich einen Weg durch die völlig zugeparkte Rastanlage. Da sich die Einsatzstelle innerhalb des Baustellenbereiches etwa 200 Meter vor der Rastanlage Spessart-Nord in Fahrtrichtung Frankfurt befand fuhren die weiteren Feuerwehrfahrzeuge daher über die Rastanlage Spessart-Nord entgegen der Fahrtrichtung über die eigentliche Ausfahrt zur Rastanlage auf die Autobahn auf.

Bei der ersten Lageerkundung zeigte sich den Führungskräften ein weites Trümmerfeld mit Lkws in den verschiedensten Positionen quer über beide Richtungsfahrbahnen. Insgesamt fünf Lastwagen - drei Sattelzüge, ein Gliederzug und ein Klein-Lkw - waren in den Unfall verwickelt.

Der Einsatzleiter und Kommandant der FF Weibersbrunn, Fred Gellner, sowie KBI Otto Hofmann teilten sich die Erkundungsaufgaben an der sehr unübersichtlichen Einsatzstelle. Nach Aussagen von Polizei und der vorher eingetroffenen Rettungswagenbesatzung seien vermutlich zwei Unfallbeteiligte tot und ein weiterer schwer verletzt. Ein schwerverletzter Fahrer des Paket-Lkw wurde zu diesem Zeitpunkt bereits von der Besatzung eines Rettungswagens reanimiert. Der bei dem Aufprall tödlich verletzte Fahrer des umgestürzten Kieslasters war in seinem völlig zertrümmerten Führerhaus eingeschlossen. Das Führerhaus hing über einem Steilhang und drohte abzustürzen. Der Beifahrer des Paket-Lkw war bei dem Unfall aus der Schlafkabine geschleudert worden und lag neben dem Lkw. Er hatte ebenfalls tödliche Verletzungen erlitten. Die drei Fahrer der anderen verunfallten Fahrzeuge hatten sich nur leicht verletzt.

Nach einer Ordnung des Raumes wurden zunächst Einsatzabschnitte für Sicherung des absturzgefährdeten Führerhauses des Kieslasters und der weiteren Lkws, der Bergung des Fahrers aus dem Kies-Lkw, Ausleuchten der Unfallstelle und Sicherstellung des Brandschutzes und Erstmaßnahmen, um ein weiteres Auslaufen von Betriebsstoffen zu unterbinden, gebildet.

Zur Bergung des Lkw-Fahrers musste zunächst die Fahrerkabine mit Hilfe einer Seilwinde und eines Greifzuges gesichert werden. Anschließend wurde die A-Säule des Führerhauses mit einer Rettungsschere durchtrennt und die Kabine mit einem Rettungszylinder nach vorne gedrückt. Diese Arbeiten wurde über eine am Führerhaus angelegte und gesicherte Steckleiter durchgeführt. Der Fahrer konnte danach mit einer Schleifkorbtrage aus seinem Führerhaus geborgen werden.

Da die Einsatzstelle massive Verunreinigungen  mit Dieselkraftstoff und Öl aufwies, wurden die zuständigen Stellen des Landratsamts Aschaffenburg und der Kläranlage Rohrbrunn informiert, faltbare Ölauffangwannen unter die noch tropfenden Tanks positioniert und in großen Mengen Ölbindemittel aufgetragen. Alle anwesenden Kräfte waren mit diesen Aufgaben vollauf beschäftigt, daher wurde um 04.58 Uhr die FF Dammbach nachalarmiert, um den erweiterten Brandschutz im großräumigen Einsatzstellenbereich sicherzustellen. Zwischenzeitlich wurde der schwerstverletzte Fahrer des Paket-Lkw vom Rettungsdienst in ein Krankenhaus transportiert, wo er aufgrund seiner schweren Verletzungen noch in den Morgenstunden verstarb.

Im Anschluss an die Sicherungsmaßnahmen begannen die Einsatzkräfte mit dem Abbau der baustellenbedingten Fahrbahnabtrennung und griffen insbesondere auf die Technik der beiden Rüstwagen aus Weibersbrunn und Waldaschaff zurück. Mit Hilfe von Schlagschraubern wurden die Mini-Guards auseinandergebaut sowie eine Rettungsplattform zum leichteren Begehen der Einsatzstelle über der Mittelleitplanke errichtet. 

Radiomeldungen empfahlen eine weitläufige Umfahrung des Streckenabschnittes und Feuerwehrkräfte aus Waldaschaff, Dammbach und der ebenfalls alarmierten FF Hessenthal übernahmen Ausleitungsmaßnahmen und sperrten die Zufahrten zu den Autobahnauffahrten Weibersbrunn und Bessenbach/Waldaschaff in Richtung Würzburg.

Nach dem erschwerten Eintreffen eines Bergungsunternehmens mit einem Bergekran wurde dieses durch Einsatzkräfte unterstützt. Zur Bergung der Lkw mussten Fahrzeugrahmen mit Brennschneidgeräten und Plasmaschneidern abgeschnitten sowie Leitplanken getrennt werden.

Die Kiesladung des umgestürzten Sattelkippers wurde durch das im Baustellenbereich arbeitenden Bauunternehmen beseitigt. Die Ladung des Paket-Lkw wurde vom Bergungsunternehmen mit Unterstützung durch Feuerwehrkräfte in einen Ersatz-Lkw umgeladen. Dazu mussten auch weit verstreute Pakete und Paket-Container eingesammelt werden.

Da die ausgetretenen Kraftstoffe in ein altes Regenrückhaltebecken unterhalb der Autobahn gelangt waren und um ein Überlaufen des Öl-Dieselgemisches in einen nahen Bach zu verhindern, wurde der Bachlauf mit einer Ölsperre gesichert, der Zulauf zu dem Regenrückhaltebecken mit einer Plane abgedichtet und das zuströmende Wasser mit einer Pumpe in einen seitlichen Ablauf umgeleitet. Diese Sicherungsmaßnahme wurde durch ein Spezialunternehmen noch mehrere Tage aufrechterhalten, bevor das Wasser-Ölgemisch vollständig abgesaugt werden konnte.

Trotz einer sehr guten Kommunikation zwischen Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst sowie Autobahnmeisterei zog sich der Einsatz bedingt durch die Unfallaufnahme, die durch Baumaßnahmen bedingte räumlich Enge, problematische An- und Abfahrten, Stau und die Schwierigkeit, Bergefahrzeuge an die Unfallstelle zu bekommen, bis in die Abendstunden hin. Die beteiligten Feuerwehren konnten um 19:00 Uhr den Einsatz beenden.